
Vorfreude auf Derby im zweiten Anlauf
Derbyfreude: FCN empfängt den CfR
"Gut Ding will Weile haben". Kaum ein Motto könnte passender für das Derby zwischen dem FCN und dem 1. CfR Pforzheim am Dienstagabend (19 Uhr) sein.
Denn eigentlich hätte das Duell der beiden Oberligisten bereits vor einem Monat, am 14. September, stattfinden sollen. Doch wegen eines Pilzbefalls des Rasens in der Nöttinger "Kleiner Arena" musste die Partie damals verschoben werden. "Zum Glück", könnte man beinahe sagen, denn seitdem ist viel geschehen im Lager der zwei Rivalen.
Vier Tage vor dem ursprünglichen Termin hatte zunächst der CfR nach fünf Niederlagen aus den ersten sieben Saisonspieler die Trennung von Coach Volker Grimminger bekannt gegeben. Für ihn übernahm das bisherige Co-Trainerduo Alexander Freygang und Sani Murati – und brachte das Team wieder auf Kurs. Einer Niederlage und einem Remis stehen seitdem drei Siege, darunter das souveräne 4:0 am vergangenen Wochenende gegen den FV Ravensburg, gegenüber.
"Es wird ein harter Brocken, gegen den FC Nöttingen zu bestehen und etwas Zählbares mitzunehmen. Am Ende werden Kleinigkeiten entscheiden."
CfR-Trainer Alexander Freygang vor dem Derby gegen Nöttingen
Ist man im Nachhinein beim CfR daher vielleicht sogar ein bisschen froh, dass die Begegnung seinerzeit verschoben werden musste und kommt diese jetzt genau zur richtigen Zeit? "Das ist schwierig zu sagen. Wir hätten uns sowieso gefreut. Aber natürlich haben wir jetzt mehr Aufschlüsse über das Team", sagt Freygang, der wie Murati bereits zwei Tage vor dem Duell eine "riesengroße Vorfreude" auf sein erstes Derby als Cheftrainer verspürt, zugleich aber auch weiß, dass seine Mannschaft ein "harter Brocken" erwartet. Denn auch beim FC Nöttingen hat sich in den vergangenen Wochen einiges getan.
FC Nöttingen unter Fuchs in Erfolgsspur
Ende September übernahm Michael Fuchs den FCN – nachdem Reinhard Schenker entlassen wurde. Verloren haben die "Lilahemden" seitdem nicht mehr, holten stattdessen drei Siege und ein Unentschieden.
Im Gegensatz zu Murati und Freygang, der kurioserweise bei Fuchs seine Trainerausbildung absolvierte und hofft, dass dessen "Serie auch mal reißt", ist sein Nöttinger Gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes ein echter "Trainer-Fuchs" mit jahrelanger Derby-Erfahrung – egal ob mit dem TSV Grunbach, als Sportlicher Leiter in Nöttingen oder als Trainer des 1. FC Pforzheim, mit dem er in der Saison 2002/2003 gleich beide Derby gegen den FCN gewinnen konnte.
"Der CfR verfügt über ein unheimliches Tempo und viel individuelle Klasse. Sie sind eine Top-Mannschaft – wenn sie es auf den Platz bringen."
Nöttingens Trainer Michael Fuchs über den 1. CfR Pforzheim
"Bisher waren eigentlich alle meine Derbys erfolgreich", gibt sich der 59-Jährige zuversichtlich, nur um direkt ausschließlich lobende Worte für den Gegner nachzuschieben: "Der CfR verfügt über ein unheimliches Tempo und viel individuelle Klasse. Sie sind eine Top-Mannschaft – wenn sie es auf den Platz bringen. Aber ich spiele immer gerne gegen gute Gegner."
Duell auf Augenhöhe erwartet
Viel Respekt also in beiden Lagern, die jeweils ein enges Duell erwarten. Fuchs spricht von einem "Gradmesser, der zeigt, wo wir stehen", Murati geht von einem "spannenden, intensiven Duell auf Augenhöhe" aus und Freygang schätzt, dass am Ende "Kleinigkeiten, wie ein frühes Tor" über Sieg und Niederlage entscheiden könnten.
Gegen ein echtes Spektakel, wie das legendäre 4:4 im ersten Derby zwischen Nöttingen und dem CfR vor sieben Jahren oder der fulminante 5:2-Auswärtssieg der Pforzheimer nach 0:2-Pausenrückstand dieses Jahr im April hätte aber zumindest bei den Fans niemand etwas einzuwenden, auch wenn das Duell aus der Vorsaison in der Kabine beider
"Es war ein sehr, sehr schönes Erlebnis. Aber jetzt fangen wir wieder bei null an. Das wird ein ganz anderes Spiel. Wir haben richtig Bock. Jeder weiß, worum es geht", erklärt CfR-Kapitän Maurizio Macorig. "Das ist schon längst Geschichte. Wir blicken immer nach vorne. Wir sind sehr heiß. Aber nicht nur beim Derby, sondern bei jedem Spiel", schlägt Nöttingens Ernesto de Santis in eine ähnliche Kerbe. Der 27-Jährige kennt die Derbys von beiden Seiten, bevor er 2017 in den Remchinger Ortsteil wechselte, trug er eineinhalb Jahre das CfR-Trikot. Sein schönster Derby-Moment: das Tor zum 1:0-Sieg des FCN in der Saison 2017/2018 im Holzhofstadion.
Rasen spielt diesmal mit
Personell kann Michael Fuchs beim FC Nöttingen voraussichtlich aus dem Vollen schöpfen. Aufseiten der Gäste aus der Goldstadt gibt es hingegen noch ein paar Fragezeichen. So musste Robin Münst am Wochenende gegen Ravensburg kurz vor der Halbzeit angeschlagen vom Platz, Marcel Bahm, Denis Latifovic und Julius Reinbold könnten möglicherweise krankheitsbedingt ausfallen. Denis Gudzevic kehrt nach abgesessener Gelb-Rot-Sperre zurück ins Team.
Ob sich der lange Anlauf des Derbys auch wirklich gelohnt hat, wird sich am Dienstagabend zeigen. Die Ausgangslage für einen tollen Schlagabtausch ist angesichts zweier Teams in Top-Form ideal, was beim ursprünglichen Termin nicht der Fall gewesen wäre.
Und auch der Platz sollte diesmal mitspielen. "Der Rasen ist in Ordnung, da gibt es keine Probleme", beruhigt Michael Fuchs. Es ist also alles angerichtet für ein tolles Spiel.
Autor: Sven Sartison, in der Pforzheimer Zeitung vom 18.10.2022
Foto: Peter Hennrich