... und das schreibt die Pforzheimer Zeitung zur Mitgliederversammlung des FCN
Führungsquerelen und Bayern-Spiel
Es war wieder einmal erstaunlich, wie offen man beim FC Nöttingen auf der Mitgliederversammlung vereinsinterne Differenzen austrägt. Am Ende sprach Peter Vetter – mit ironischem Augenzwinkern – gar von einem „Abnutzungskampf“ zwischen dem aufsichtsrat, dem er vorsteht, und dem Vorstand verkörpert durch Steidl. Die Zusammenarbeit sein nicht immer „vergnügungssteuerpflichtig“.
In der Diskussion fiel auch das Wort „Hornschröder“, wie sich Steidl selbst bezeichnete, was als Begriff für einen Dickkopf gilt. Dieser Dickkopf ist Steidl. der sich nicht gerne in seine meist erfolgreiche Arbeit hineinreden lässt.
Dass da Reibungsverluste entstehen, wurde in der Abschiedsrede von Jürgen Hecht deutlich, der den Aufsichtsrat verlässt. Er wisse wohl, wie gut der Verein, der von Steidl sehr autokratisch geführt werde, mit der erfolgreichen Arbeit seines Vorsitzenden fahre. „Aber es ist nicht mein Stil. Es sind nicht meine Werte. Es kostet unheimlich viel Kraft“, so Hecht. Sein Appell an Steidl: Mehr Vertrauen in andere Menschen und ihre Fähigkeiten geben. „Denn so eine One-Man-Show kann kein Mensch auf Dauer leisten.“
Da wusste Hechts Nachfolger Norbert Hauser (50) gleich, was auf ihn zukommt. Er versprach, dass er versuchen werde, „zwischen den alphatieren Vetter und Steidl zu moderieren.“ Hauser wurde übrigens ebenso einstimmig gewählt, wie Steidl, Vetter und der dritte Aufsichtsrat Jürgen Steimle im Amt bestätigt wurden. Immerhin versprach der Vorsitzende zum Schluss: „Ich werde mich bemühen.“
Warmer Geldregen lindert viele Sorgen
Das Spiel des FC Nöttingen gegen den FC Bayern München im DFB-Pokal hat auch die Mitgliederversammlung des Vereins vier Monate später überstrahlt. Ein Reingewinn von 535.000 Euro aus dieser Partie lässt die Vereinsverantwortlichen und Mitglieder strahlen und macht das Arbeiten in den kommenden Jahren einfacher.
Dabei zählte die im August ausgetragene Pokalpartie eigentlich gar nicht zum Berichtszeitraum der Hauptversammlung, die nur die Saison 2014/15 umfasst. Dennoch war sie natürlich ein großes Thema. „Was der FCN gleistet hat, war sensationell“, fasste Dirk Steidl die Partie vor 30.000 Zuschauern im Karlsruher Wildparkstadion zusammen, bei der sich der Fußball-Oberligist trotz der sportlichen 1:3-Niederlage in jeder Beziehung gut aus der Affäre zog.
Sogar so gut, dass Bayern München sich gegenüber dem Dorfverein erkenntlich zeigte. Dirk Steidl wurde mit Ehefrau Marina zum Champions-League-Spiel gegen Zagreb nach München eingeladen, speiste dort zusammen mit Bayern-Größen wie Karlheinz Rummenigge und Paul Breitner sowie Bundestrainer Joachim Löw im VIP-Raum. Und am Ende gab es noch einen Scheck vom deutschen Rekordmeister. „Weil alles rund ums Spiel so gut geklappt hat“, berichtet Steidl.
Welchen Anteil der Pokaleinnahme der erfolgreichste deutsche Fußballverein dem FC Nöttingen überließ, darüber wurde Stillschweigen vereinbart. „Es waren nicht 100.000, nicht 50.000 und nicht 10.000 Euro – irgendwas dazwischen“, sagt Dirk Steidl.
Zu glauben, der Fußballverein aus Nöttingen schwimme nun im Geld, ist aber falsch. Noch immer drückt den Verein eine hohe Schuldenlast. 965.000 Euro waren es zum Abschluss des Geschäftsjahres 2014/15. Durch die Restfinanzierung des Sportparks in Nöttingen (neuer Kunstrasenplatz mit Funktionsgebäuden) kamen mittlerweile weitere 55.000 Euro dazu. Inzwischen sind aber aus dem Erlös des Bayernspiels 300.000 Euro der Schuldenlast getilgt. Aktuell betragen die Verbindlichkeiten also 720.000 Euro.
Einen Großteil des Pokalgewinns investiert der FCN letztlich „in Steine“ – sprich: in die Sportanlage. Die restlichen 185.000 Euro gelten als „Investition in Beine“ – sprich: in die Mannschaft. Mit dem Geld werden die kommenden Spielzeiten mitfinanziert.
Steidl sagte aber auch: „Sparsam wirtschaften und gleichzeitig das sportliche Niveau halten, ist nicht einfach.“ Er spricht von einer „Gratwanderung“ und einer „Quadratur des Kreises“. Das sieht auch der Aufsichtsratsvorsitzende Peter Vetter so: „Das Budget ausgleichen und gleichzeitig Schulden tilgen, ohne Sondereinnahmen wie Pokalspiele wird immer schwieriger“, klagt er.
Umso besser für den Verein, dass das Bayern-Spiel den Verantwortlichen im Panoramastadion Luft verschafft hat. Spaß hat die ganze Aktion sowieso gemacht, wie der scheidende Aufsichtsrat Jürgen Hecht berichtet, der das Event als vielgelobter Pressechef begleitete: „Es war unglaublich anstrengend, aber es hat auch tierisch Spaß gemacht. An dieses Spiel werde ich mich noch auf dem Sterbebett erinnern.“
(Quelle: Udo Koller, Pforzheimer Zeitung vom 05.12.15)
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